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Was er sagen musste

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Zum 10. Todestag von Günter Grass   Veröffentlicht online auf 'Wir selbst' am 13.04.2025 „Wenn wir Deutsche nicht in der Lage sind, uns ohne Hybris als Nation zu definieren, sei es mit Hilfe unseres nach wie vor vagen Kulturbegriffs: dann entsteht ein Vakuum, das ist sogar schon da.“ (Günter Grass, Diskussionsbeiträge in einem kulturpolitischen Streitgespräch, Die ZEIT Nr. 35 vom 22.08.1980; zitiert in Peter Brandt / Herbert Ammon (Hrsg.) (1981): Die Linke und die nationale Frage. Dokumente zur deutschen Einheit seit 1945. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 366.) Mit Günter Grass verstarb am 13. April 2015 nicht einfach „nur“ ein großer Schriftsteller, sondern zugleich auch einer der bekanntesten, politischsten und streitbarsten Intellektuellen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Ein Mann, der sich stets einmischte, der dabei – besonders in den letzten Jahren – nicht unumstritten war, der aber keine Angst hatte, gegen teils mächtige, gar internationale Widerstände zu seinen Überz...

Syrien: Der Sturz von Assad und die Folgen

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Auszug aus einem Kommentar im August 2011: Wissen, was danach kommt Im Anschluss an einen gewonnenen Krieg geht es erst richtig los: Verhandeln, Nation Building, Terrorismusbekämpfung, zerstrittene Rebellen wieder zusammenbringen. Was in Afghanistan und im Irak letztlich die wirkliche Herausforderung für die westlichen Kriegsparteien bildet, wird auch im Libyen der Post-Gaddafi-Ära noch einen gewaltigen Kraftakt erfordern. Gerade jedoch, weil die allgemeine Ratlosigkeit, das Chaos und die richtigen Konflikte zumeist erst dann einsetzen, wenn das betreffende Regime verschwunden ist, sollte man sich auch im Falle Syriens bereits jetzt genau überlegen, was denn an Alternativen zur Verfügung steht, bevor man alles tut, um ein Regime loszuwerden. Im Falle Syriens ist die nicht erfolgende militärische Intervention des Westens wohl nicht einfach nur ein Resultat mangelnder Ressourcen aufgrund der Inanspruchnahme durch Afghanistan und Libyen sowie dem fehlenden Öl. Der Westen weiß sehr genau, ...

Wie Medien Hysterie schüren

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Kürzlich las man die reißerische Schlagzeile: Militärhistoriker Sönke Neitzel warnt, 2025 könne "der letzte Sommer werden, den wir im Frieden erleben", weil im September das russisch-belarussische Militärmanöver Sapad wieder ansteht und dieses als Angriffsvorbereitung gegen die baltischen Staaten genutzt werden könnte. Wie realistisch solche reißerischen Propaganda-Schlagzeilen sind, offenbart sich, wenn man einfach einmal ältere Artikel dieser Art recherchiert. So wiederholen sich solche medialen Paranoia-Rituale nämlich seit 2022 Jahr für Jahr. Anfang 2024 griff etwa die BILD-Zeitung ein Bundeswehr-Geheimpapier auf und stilisierte daraus die Horrorvision eines russischen Angriffes noch im selben Jahr . Komisch – haben wir etwas verpasst, oder ist 2024 doch nichts dergleichen passiert? Dass Militärs aller Länder sich seit Entstehung von großen bürokratischen Regierungsapparaten stets mit allerlei – teils auch noch so unwahrscheinlichen – "Szenarien" befassen, ging ...

Offener Brief an zwei Historiker

Sehr geehrte Frau Prof. Morina, sehr geehrter Herr Prof. Frei, ich habe es eigentlich aufgegeben, mich zu den zahlreichen, aus meiner Sicht oft unsinnigen bis schlicht schrill-hysterischen Stellungnahmen zur AfD zurückzumelden. Wenn ich allerdings so derart irreführende und besonders im Falle Herrn Prof. Freis so derart ahistorische und undifferenzierte Äußerungen über meine Partei lese, und das dann noch von habilitierten Historikern teils mit lokalem Bezug zu meiner Stadt, dann kann ich das nicht unkommentiert lassen - auch als AfD-Politiker, der selbst zum Rechtssystem im Nationalsozialismus promoviert hat. Zunächst einmal vorweg: Wie vereinbaren Sie es eigentlich mit Ihrer Rolle als staatliche Beamte, sich so offen - gerade nicht als Privatpersonen, sondern eben in der Rolle als Professoren! - in die Parteipolitik einzumischen und - ganz offen im Zuge dieser Rolle - die jetzt wieder größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag öffentlich anzugehen? Könnte es sich angesichts die...

Empören oder gestalten?

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Wie sehr hindert es am Regieren, wenn man Politik aus Empörung betreibt? Wie sehr hindert es am Empören, wenn man Politik macht, weil man regieren will? Der Gegensatz, oder sagen wir zumindest: die Dichotomie, von der hier die Rede ist, ist nicht nur auf der Makro-, sondern auch auf der Mikro-Ebene entscheidend, auf der psychischen Ebene. Je öfter man sich fragt, wieso man eigentlich politisch ist, wieso man eigentlich Politik machen will, desto häufiger stößt irgendwann auf diese Frage: Ist man primär gegen etwas und will man lediglich verhindern ? Oder möchte man womöglich auch gestalten ? Ist man politisch, weil man sich primär empört, aufregt, über jemanden oder etwas ärgert und diese negativen Gefühle in einem wie auch immer gearteten Aktivismus kanalisiert? Hier ist die Grenze zum Toxischen leider öfter überschritten, als viele sich eingestehen wollen. Und leider haben es eben auch jene dauerempörten Charaktere an sich, dass sie – gerade aufgrund dieser Dauerempörung, dieses and...

Gemeinschaft braucht auch Grenzen

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Humanismus im politischen Diskurs Ortrun Lenz hat in einer Ausgabe der freireligiösen Zeitschrift Wege ohne Dogma (10/2024) gleich mehrere Artikel beigesteuert, die allesamt mal mehr, mal weniger politische Implikationen beinhalten. Das Besondere: Sie pflegen dabei zunächst einen „inklusiven“ Duktus, kommen aber in der Konklusion dann immer zu recht „exkludierenden“ Schlussfolgerungen, was die konkrete Bedeutung ihrer Aussagen für die aktuelle gesellschaftspolitische Auseinandersetzung angeht. Konkretisieren wir diese Diagnose etwas. Inklusiver Duktus Nachdem BFGD-Präsidentin Renate Bauer im Vorwort bereits durchaus berechtigt für Freiheit und Vielfalt in Europa eingetreten ist (S. 204) und Hans-Günter Eschke zutreffend in einem Artikel auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Menschenwürde gegen Marktmechanismen zu verteidigen (S. 207), stellt Ortrun Lenz in einem Beitrag zum Humanismus u. a. auf „demokratische Werte“, „Rationales Denken“, „Inklusivität und den Respekt für unters...

Magwas und Wanderwitz - Die Vorzeigedemokraten

Man kann sich gut vorstellen, worüber Yvonne Magwas und Marco Wanderwitz, das Traumpaar der sächsischen CDU, nach einem harten Tag bestehend aus Verbotsanträgen und verteilten Ordnungsrufen, beim gemeinsamen Abendessen so zusammen schimpfen: Gewiss über die AfD. Denn die mögen sie beide nicht. Doch nicht nur das: Beide tun sich, vergleicht man sie mit anderen Vertretern ihrer Partei, in besonders heftiger Form mit Anti-Rechts-Stellungnahmen hervor. Bei Wanderwitz geht der flammende Kampf gegen rechts gar so weit, dass er die im Osten stärkste Oppositions- und neue Volkspartei AfD gleich ganz verbieten will und sich ausgerechnet deswegen als „Retter der Demokratie“ sieht. Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas wiederum tut sich in ihrem Amt gerne mit Ordnungsrufen gegen die AfD hervor: Zuletzt traf es Martin Reichardt, den familienpolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, weil er in einer Plenarrede die perverse Sexualideologie der Grünen angeprangert hatte.  Grüne Vergange...