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Burn-Out als fehlende Komplexitätsreduktion

Das sogenannte Burn-Out-Syndrom gilt gemeinhin als ein Zustand (formal nicht als Krankheit) massiver emotionaler Erschöpfung infolge von Überbelastung in verschiedenen möglichen Lebensbereichen, nicht zuletzt im Arbeitsleben. Demnach durchschreitet ein Patient mit dieser Symptomatik verschiedene Phasen, die sich zumeist in Extremen manifestieren, wie u. a. überdurchschnittlichem Leistungswillen, Vernachlässigung sozialer Kontakte, Verdrängung, Selbstzweifel, das Gefühl, nur noch zu „funktionieren“, Depression mit möglichen körperlichen Begleitsymptomen und schließlich womöglich gar Suizidversuche. Obgleich (oder: gerade weil?) das Burn-Out-Syndrom bislang nicht als Krankheit anerkannt ist und in Teilen als „Modediagnose“ gilt, mit der man der Feststellung einer beruflich gefährlicheren Depressions-Diagnose entgehen kann, soll an der Annahme der Existenz der spezifischen Burn-Out-Symptomatik an dieser Stelle nicht gerüttelt werden. Wer an diesem Punkt ein Wegwischen à la „alles nur

Ein postmoderner Morgen

Schon das Klingeln des Weckers war das Resultat einer Entscheidung. Zwischen wie vielen Melodien hatte Leon-Alexander doch wählen können, als er sich vor dem Schlafengehen den Handywecker gestellt hatte, der ihn nun, um 6.30 Uhr mit einer beliebigen, nicht näher umrissenen Chart-Melodie (halb) wach klingelte. Zum Glück hatte er den Schlummermodus eingestellt. Er drehte sich nochmal um und döste. Eine Minute. Zwei Minuten. Drei. Vier. Fünf… es klingelte. Im Bad die nächste Lebensentscheidung. Gut, das Duschen war noch recht alternativlos. Obwohl, wenn er da an das vielfältige Duschgel-Angebot im Supermarkt dachte, dessen Duftpalette die exotische Flora eines ganzen Urwalds abdeckte… egal. Rasieren. Rasieren? Stopp. Nicht so schnell. Er wollte doch einen Bart. So einen, wie ihn der Jan Marvin aus dem Mathe- und dem Sowi-Kurs jetzt hatte. Wenn er nur endlich wachsen würde! Dieser intellektuelle Touch, der Jan Marvin umgibt, seit er diesen Vollbart trägt, war nicht nur ihm aufgefallen. Se

Wider die Über-Reflexion!

Ein insbesondere von Patienten oft beklagtes Problem der Psychotherapie ist die alte Frage: Welche braucht der Betroffene eigentlich? Verhaltenstherapie, Psychoanalyse? Welche Stellung sollte die medikamentöse Behandlung einnehmen? Wie umgehen mit Traumata? Trotz des hohen Professionalisierungsgrades bringt der zentrale Charakter der Psychotherapie als „Verwaltung der vagen Dinge“ (Peter Fuchs) es mit sich, dass die Antworten auf diese Fragen selten so klar und rationalisiert anschlussfähig begründet sein können wie es etwa in der Medizin der Fall ist, was mitunter dazu führt, dass Patienten lange suchen müssen, um eine für ihren Fall angemessene und hilfreiche Therapie zu finden – oder sich gar in Therapien begeben, die ihr Leiden eher verschlimmern als lindern (gerade im Falle von Traumata eine realistische Gefahr). Befragt man Psychotherapie-Patienten nach ihren Erfahrungen, so bekommt man nicht selten Berichte über langwierige Suchen und kräftezehrendes Ausprobieren verschiedene

Zur Evolution psychischer Systeme

Im Rahmen der soziologischen Systemtheorie wird die Position vertreten, mit dem Wandel von sogenannten segmentär differenzierten (Stammes-)Gesellschaften über die stratifizierte (Stände-) Gesellschaft hin zur modernen, funktional differenzierten Gesellschaftsform habe sich eine Form der „Evolution des Sozialen“ vollzogen, im Zuge derer die Gesellschaft Strukturen herausgebildet habe, die es ihr ermöglichen, im Laufe der Weltgeschichte auf die mit technologischer Entwicklung etc. steigende Komplexität zu reagieren. Eine Position, die nicht unumstritten ist und zu der im makrosoziologischen Rahmen viel zu sagen ist und zu der auch bereits viel gesagt wurde. Jedoch auch eine Position, die überleitet zu einer Fragestellung anderer Art: Geht mit einer wie auch immer gearteten sozialen Evolution und einer – und dies ist wohl die allgemein am ehesten akzeptierte Evolutionstheorie – biologischen Evolution nicht auch eine Evolution unseres psychischen Systems einher? Dieser Frage soll an di