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Die plötzlich Verhärmte

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Dieser Text wurde im Frühling 2019 verfasst, als der Autor noch als Fachhochschuldozent und als Uni-Doktorand tätig war. Das nebenstehende Bild ist ein (wenn auch mimisch sehr passendes) Image-Foto und zeigt natürlich nicht die im Text umschriebene Person.   Es gibt da so eine Frau, die ich lose aus dem wissenschaftlichen Kontext kenne. Ähnliche Fachrichtung wie ich, lehrend, ein wenig älter als ich. Keine Freundin, eher eine einigermaßen bekannte Kollegin, mit der ich jedoch schon mehr als nur ein paar Worte gewechselt habe, unter anderem auf gemeinsamen Bahnfahrten nach Hause. Nicht übermäßig ins private gehend, aber immer offen, freundlich und interessiert. Irgendwann erfahre ich, dass ein gemeinsamer Bekannter von uns, ebenfalls Wissenschaftler, von meiner inzwischen öffentlich gewordenen politischen Tätigkeit weiß, welche ich zwar nicht überall vor mir her trage, aber nun mal auch nicht verheimliche – so wie das in einer Demokratie möglich sein sollte. Die Folge war eine politisc

„Ganz normale“ funktionale Differenzierung im Dritten Reich?

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Ludolf Herbst (2005) steht mit seiner Skepsis gegenüber der Annahme einer allzu weit reichenden, einzig auf direktiven Systeminterventionen beruhenden Entdifferenzierung im Dritten Reich nicht allein. Viktor Winkler (2005) etwa geht noch weiter und bestreitet – in einem kurzen Beitrag, aber historisch durchaus nicht unfundiert – ganz grundsätzlich Auflösungserscheinungen der funktionalen Differenzierung im Dritten Reich, explizit dargestellt am auch hier im Fokus stehenden Systemverhältnis von Politik und Recht. So verweist er etwa darauf, „dass es weder in der Verwaltung noch in der Justiz zu einer personellen Kompletterneuerung gekommen ist, dass weder auf die Richterschaft noch auf die (nicht-jüdische) Jurisprudenz als solche direkter Zwang ausgeübt wurde, statt dessen beide Gruppen an mehreren Stellen die Zielvorgaben der Führung sogar an Schärfe übertroffen haben“ (Winkler 2005: 2). Der Nationalsozialismus sei im Feld der Wirtschaftspolitik geradezu konsensbemüht gewesen und habe