Kimmel, Linksliberale und das politische Karma

Wie die „Haltungsjournalisten“ die Meinungsfreiheit wiederentdecken

Die linksliberalen Wellen der Empörung in den USA (und dadurch natürlich auch seitens ihrer ideologischen Verbündeten in Europa) schlagen hoch: Zensur! Eine neue McCarthy-Ära! Faschismus! Kein Kampfbegriff und noch so schiefer historischer Vergleich ist den linksgerichteten medialen Kommentatoren hier wie in Amerika zu blöde, um gegen die zeitweilige Absetzung der Late Night Show Jimmy Kimmels durch Disney Stimmung zu machen und sich jetzt, nach deren Widerruf, als neue Freiheitskämpfer selbst zu feiern. Welch eine verlogene Selbstüberhöhung dies ist, kann ein kleines Gedankenexperiment deutlich machen.

Erinnern Sie sich noch an George Floyd? Den Mann, der, obwohl er ganze achtmal in Haft war, aufgrund der Umstände seines Todes zum Messias der in Teilen linksextremen „Black Lives Matter“-Bewegung wurde? Man stelle sich einmal vor, der Moderator einer etablierten Late Night Show hätte kurz nach dessen Tod verlauten lassen, der daran mutmaßlich schuldige Polizeibeamte Derek Chauvin sei in Wahrheit ein Linker gewesen. Im Zuge der damals auch in der US-amerikanischen Gesellschaft eingezogenen linken Cancel Culture hätten wir gar nicht so schnell gucken können, wie der betreffende Moderator zunächst einen virtuellen Shitstorm, dann einen medialen Verriss, und danach höchstwahrscheinlich auch berufliche Konsequenzen erlitten hätte. Noch vor wenigen Jahren gehörte die „woke“ Unterwerfung auch großer Konzerne, egal ob Big Tech, Unterhaltung oder Industrie, nämlich in nahezu der gesamten westlichen Welt zum guten Ton. Wer das Spiel der linksliberalen, heutigen „Freiheitskämpfer“ nicht mitmachte, konnte sich ganz schnell auf wirkmächtige Kampagnen staatlich finanzierter NGOs gefasst machen – so wie es eben in der heutigen Bundesrepublik noch immer der Fall ist. Mit Betonung auf „noch“.

Wie oft haben „wir“, jene auf der rechten Seite des politischen Spektrums, uns nach dem x-ten Canceln eines konservativen oder nationalen Kanals auf YouTube, Tiktok, Facebook oder anderswo von Linken mit selbstzufriedener Mimik und schadenfroh gerümpfter Nase erklären lassen müssen, dass es in Deutschland und in der EU doch keinerlei Einschränkung der Meinungsfreiheit gebe, weil die betroffenen Kanäle ja schließlich – wie übrigens Kimmels Sender auch – privatwirtschaftlich betrieben seien und in diesem Rahmen ja jedes Internetmedium selbst bestimmen könne, was es zulässt und was nicht? Wie oft haben wir uns erklären lassen müssen, dass „Extremismus“ ja nicht unter die Meinungsfreiheit falle? Wie oft haben wir die linke Forderung lesen müssen, alles, was nicht den (von linken Institutionen generierten) sogenannten „Faktencheck“ bestehe, müsse als „Desinformation“ im Grunde gelöscht werden? Wie oft lesen wir von Linken, das Netz müsse mehr „reguliert“ werden, „Hassrede“ müsse stärker bestraft werden usw. usf.?

Nun denn: Löffelt die Suppe aus, die ihr selbst über Jahrzehnte hinweg gekocht habt. In den USA hat sich zwischenzeitlich der Wind in Richtung gesundem Menschenverstand gedreht: Das mediale Anhimmeln eines mehrfachen Kriminellen hat ein wohlverdientes Ende gefunden; die gewalttätige Antifa wird staatlicherseits als das betrachtet, was sie ist: Ein linksterroristisches Netzwerk, das aus teils organisierten Zellen, teils aus individuell radikalisierten „einsamen Wölfen“ besteht; das sich teils „nur“ Delikten wie Sachbeschädigung schuldig macht, in weiten Teilen aber eben auch gezielter Körperverletzungen und sogar Mord. Ein Relativieren dessen – man könnte im linken Duktus auch sagen: ein „Verbreiten von Desinformation“ darüber – verbietet sich.

Charlie Kirk war, im Gegensatz zum kriminellen Idol der BLM-Bewegung, ein gesetzestreuer, liebender Ehemann und Vater, der vor den Augen seiner Familie ermordet wurde. Ein traumatisierender Anblick, der seine Frau und seine Kinder vermutlich nicht weniger als ihr Leben lang verfolgen wird. Doch die Reaktionen der linken Akteure und solcher der etablierten Massenmedien auf dieses Schlüsselereignis gerade auch in Deutschland sprechen Bände: Die geifernde Schadenfreude springt vielen buchstäblich aus dem Gesicht, und wenn sie noch so sehr ein paar Disclaimer-Phrasen vorwegschieben. In einem Land, das rechtsintellektuellen Aktivisten gerne mal, begleitet von allerlei Phrasen über „unsere Demokratie“, die Einreise verbietet, fehlt mir angesichts dessen jegliches Mitleid für all jene „Journalisten“, die in ihren Beiträgen regelmäßig Kommentar und Meinung vermischen und jetzt herumjammern, weil sie im Land Charlie Kirks nicht mehr willkommen sind. Warum sollten sie auch willkommen sein? Warum sollten ihre ätzenden, zersetzenden Lügen ausgerechnet von der Pressefreiheit gedeckt sein? Objektive, freie Presse sind die meisten meinungsmachenden Schreiberlinge hierzulande schon lange nicht mehr. 

Wir erleben eine Zeit des politischen Karmas. Sehr viele Leute haben sehr lange auf eine bestimmte Art und Weise in einen bestimmten Wald hineingerufen. Jetzt nehmen sie wahr, wie es aus diesem Walde herausschallt. Man könnte vermuten, dass dieses kollektive Erlebnis ein Beitrag zur allgemeinen Gesundung unserer Gesellschaften sein wird.

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