Wider die Frühsexualisierung


Für ein Recht auf eine unbeschwerte und entschleunigte Kindheit


Seit einigen Jahren schon ist in der deutschen Bundes- und nicht zuletzt auch Landespolitik der verschiedenen Bundesländer die Tendenz zu beobachten, dass Kinder bzw. die Kindheit als solche aus einem geschützten familiären Raum herausgelöst werden sollen. Kinder sollen demgemäß, entsprechend der gesellschaftlich immer weiter fortschreitenden Individualisierung, als „eigene“ politische Adressaten behandelt werden, die entsprechend zu indoktrinieren sind. Und dies in vielfacher Hinsicht: Der 16. Kinder- und Jugendbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend etwa zeigt die Komponente der politischen Indoktrination auf. Dies ist aber nur einer von mehreren Punkten – neben dem der Frühsexualisierung, die wohl die für die kindliche Psyche schädlichste Neuerung ist, die von linken und linksliberalen Politikern forciert wird.

Neu ist diese Gesamtentwicklung allerdings nicht. Bereits in den 70er Jahren wurde in besonders perfider Weise versucht, Kinder mit sexuellen Inhalten zu konfrontieren. Zugleich weisen soziologische Untersuchungen nach, dass, über Jahrzehnte hinweg betrachtet, die Kindheit immer weniger eine „Kindheit“ im klassischen Sinne – also in Form eines geschützten Raums – ist. Diese Entwicklungen sind besorgniserregend – und zeigen, wie dringend es eine konservative Opposition dagegen braucht, die auch eine öffentliche, kritische Aufmerksamkeit gegen sie schafft.

Das berüchtigte „Kentler-Experiment“

Eine besonders traurige und skandalöse Berühmtheit erreichte das berüchtigte „Kentler-Experiment“ des über lange Zeit und (völlig zu Unrecht) renommierten Sexualpädagogik-Professors Helmut Kentler. Wäre es nicht mittlerweile sicher dokumentiert und bewiesen, so würde man jenen, die es problematisieren, vermutlich wie den QAnon-Vertretern „Verschwörungstheorien“ vorwerfen: Kentler brachte Ende der 60er Jahre vermeintlich psychisch kranke Jugendliche bei ihm bekannten Pädosexuellen unter, die sich um sie „kümmern“ sollten. Reue für diese Taten konnte man bei Kentler, der im Kuratorium der „Arbeitsgemeinschaft Humane Solidarität“ saß, der heute die Verharmlosung von Pädophilie vorgeworfen wird (vgl. Nentwig 2016: 48; 129), auch Jahrzehnte später vergeblich suchen: Noch Ende der 80er Jahre bewertete er die Unterbringungen in einem Gutachten als erfolgreich; in den 90er Jahren befürwortete er weiterhin Maßnahmen dieser Art. Untersuchungen gegen Kentler erfolgten erst mehrere Jahre nach seinem Tod. Der „Sexualwissenschaftler“, der selbst homosexuell gewesen war und drei Adoptivsöhne sowie einen Pflegesohn gehabt hatte, war bereits 2008 gestorben.

Der Skandal, der einen noch heute fassungslos zurücklässt, stand jedoch nicht für sich allein. Er reihte sich vielmehr ein in eine in den 70er Jahren aufziehende Stimmung unter „Pädagogen“, die von der Offenlegung und „Befreiung“ einer angeblichen „kindlichen Sexualität“ fabulierten und dabei reihenweise Personen anlockten, die letztlich ihren eigenen pädosexuellen Motiven nachgehen wollten. Nicht wenige von ihnen wurden später in der jungen Partei Die Grünen aktiv, deren Vertreter sich zeitweise für eine „Entkriminalisierung der Pädosexualität“ einsetzten – eine Station der grünen Geschichte, die die Partei noch heute nur allzu gern totzuschweigen versucht. Auch in die FDP reichte dieses dunkle Netzwerk aus Pädo-Lobbyorganisationen hinein, von denen manche noch heute existieren. In mittlerweile aufgelösten Organisationen wie der „Deutschen Studien- und Arbeitsgemeinschaft Pädophilie“, dessen Chef-Ideologe der bei den Grünen aktive, u. a. für versuchten Analverkehr mit einem siebenjährigen Jungen verurteilte Sexualstraftäter Dieter Fritz Ullmann war, waren auch mehrere prominente Aktivisten der Homosexuellen-Bewegung aktiv – personelle Querverbindungen, von denen man in der Mainstream-Lückenpresse wohl nur noch selten lesen wird.

Frühsexualisierung heute

Über Umwege und infolge des dominierenden linksgrünen Zeitgeistes, welcher insbesondere die Erziehungs- und die Sozialwissenschaften für sich eingenommen hat, finden heutzutage immer wieder Ideen Eingang in die pädagogische Praxis, die auf nicht weniger als eine Frühsexualisierung von Kindern hinauslaufen. Heute läuft dies unter dem Gender-Deckmantel der „Auflösung heteronormativer Geschlechterrollen“, die mit einer neuen, am besten schon im frühkindlichen Alter stattfindenden „Bildung“ eingeläutet werden soll. Kinder werden zu Spielbällen einer linksgrünen Clique aus Gender-Ideologen transformiert, die nach Belieben im Sinne der betreffenden Ideologie geformt werden sollen, damit die Gesellschaft von morgen anders aussieht als die von heute und erst recht als die von gestern – ohne Rücksicht auf das, was dies mit der kindlichen Psyche anstellt.

Abweichende Formen von Sexualität und linksideologisch konstruierte neue „Geschlechtlichkeit“ sollen dem – noch beeinflussbaren – Kind als neue Normalität verkauft werden, um möglichst frühzeitig und mit brachialer Indoktrination eine „Akzeptanz“ für diese Ausläufer der herrschenden Ideologie zu verankern. Hierbei geht es erneut um die Vermittlung der sich ganz im Zeitgeist bewegenden radikalindividualistischen Botschaft, dass jede auch noch so verfehlte geschlechtliche Selbstwahrnehmung ganz grundsätzlich richtig und zu akzeptieren sei. Störungen der körperlichen Identität, die nicht selten zur Ablehnung des eigenen biologischen Geschlechts führen, gibt es aus dieser Sichtweise heraus nicht. Dies sollen Kinder dann dementsprechend früh „mit auf den Weg“ bekommen, um kritisches Denken schon an der Wurzel zu eliminieren – verfassungsrechtlich legitimiert über die „Kinderrechte im Grundgesetz“, mittels derer der Schutzraum Familie übergangen und staatlicherseits nach Belieben in diese hineininterveniert werden kann, um eine „politische und sexuelle Bildung“ im Sinne der politischen Klasse zu ermöglichen.

Diese Beeinflussungsversuche sind freilich selbst dann perfide, wenn sie sich an zu indoktrinierende Erwachsene richten – im Falle von Kindern allerdings ist eine solche, brutale Form der „Sexualerziehung“ nicht einfach nur politisch falsch und manipulativ, sondern ein Verbrechen an der Kinderseele. Allerdings reiht sich diese Politik der erbarmungslosen Indoktrination nahtlos ein in eine größere Entwicklung, die selbst über die oben beschriebenen Tiefpunkte deutscher Erziehungs- und Wissenschaftsgeschichte hinausgeht. Vielmehr sind sie Indizien einer sich der gesamten westlichen Hemisphäre vollziehenden Entwicklung der Auflösung von Grenzen zwischen Kindheit und Erwachsensein.

Die Vermischung von Kindheit und Erwachsensein

Erstmals detailliert beschrieben hat dies der Mediensoziologe Joshua Meyrowitz in einem Kapitel seines klugen Werkes „Die Fernsehgesellschaft“ (vgl. Meyrowitz 1990), in dem dieser eine zunehmende Vermischung beider Lebensphasen diagnostiziert, die vor allem über die Medien eintritt. So ist zunächst festzustellen, dass Erwachsene zunehmend infantilisiert werden: Angefangen bei der Kleidung (beispielsweise erwachsener Menschen, die im Gegensatz zur Zeit vor ca. 1970 Turnschuhe, Jeans und Shirts mit Comicfiguren tragen) bis hin zur Alltagsbeschäftigungen wie „Zocken“ von Computerspielen – Erwachsene sind heute habituell und in Sachen Aktivitäten deutlich kindlicher und schwerer von Kindern zu unterscheiden als dies noch zu früheren Zeiten der Fall war, in denen Erwachsene keine „kleinen Egoisten“ waren, sondern sich auch nach Werten und Sinnvorgaben übergeordneter Gemeinschaften (Familie, Religion, Volk, Nation) zu richten hatten. Dieser Aspekt lässt sich also auch durchaus mit Entwicklungen wie Individualisierung und Amerikanisierung bzw. Verwestlichung erklären, die aber eben auch die Resultate medial kommunizierter liberaler Ideale sind.

Noch deutlich weniger harmlos ist allerdings eben der andere Aspekt dieser Entwicklung: Dass nicht nur Erwachsene infantilisieren, sondern Kinder auch zunehmend in die Erwachsenen-Welt und aus dem ehemals geschützten Raum der Kindheit herausgezogen werden – und mit Erwachsenen-Themen belastet werden, für die sie psychisch eigentlich noch gar nicht bereit sind. Hier ist die tragende Rolle der Medien noch sehr viel sichtbarer: Zu Meyrowitz‘ Zeiten stand hier insbesondere das Fernsehen im Mittelpunkt, zu dem Kinder zunehmend Zugang bekamen – mal ohne Wissen der Eltern, mal mit ihrem Wissen, aber ohne ausreichendes Bewusstsein für das, was es bei Kindern anrichten kann.

Über das Fernsehen fand erstmals der „Ernst des Lebens“ allzu frühen Zugang in die Welt der Kinder: Erwachsene, die in Kinderaugen zunächst als eigentliche Autoritätsfiguren immer bis zu einem gewissen Maße den „Touch der Unfehlbarkeit“ haben (was im Falle von Eltern aber auch eine erzieherische Funktion hat, denn die Evolution hat das „kritische Anzweifeln“ elterlicher Autorität eben erst für die Pubertät vorgesehen), wurden über das gemeinsame Schauen von TV-Serien in ihrer Rolle als solche dekonstruiert und „entzaubert“ – obwohl sie aber eben zunächst einmal diesen für sie unzugänglichen „Zauber“ elterlicher Autorität und scheinbarer erwachsener Perfektion bräuchten, um von der daraus resultierenden Vorbildwirkung zu profitieren. Plötzlich jedoch sahen Kinder Erwachsene im Fernsehen weinen, streiten, zusammenbrechen, gewalttätig werden. Kinder sahen Gewalt, sie sahen Sexualität, sie bekamen Einblick in Themen, für die sie nicht vorbereitet waren oder überhaupt sein können. Die natürlichen Vorbilder brachen weg, im Zuge medialer Überreizung.

Die Zuspitzung im Instagram-Zeitalter

Das von Meyrowitz schon 1990 beschriebene Problem hat sich heute, 30 Jahre später, in der Ära der neuen Medien, des Internets, der sozialen Netzwerke und der Smartphones, die jederzeit immer alles für jeden zugänglich machen (Stichwort Postmoderne: die Grenzen fallen!), um ein Vielfaches potenziert. Die Kinderseele, die naturgemäß schon deswegen nach Smartphones fragt, weil eben alle anderen Kinder auch schon so ein Gerät besitzen, hat ihren früheren Schutzraum endgültig verloren. Wo man bereits in Gänze in die funkelnde und dabei so spannend-gefährliche Erwachsenenwelt eintauchen kann, sind Draußen-Spielen, Fantasie und die gezielte Naivität früherer Kindheiten nicht mehr reizvoll genug. So ist der Weg in neue psychische Störungen vorprogrammiert.

Dass bei alldem eine viel ausgeprägtere, medial verursachte Sozialisation mit Gewalt stattfindet, da diese eben Bestandteil aller medialen Inhalte ist (sei es über Spiele, Filme und Serien oder Postings und Nachrichten), ist bekannt und auch oft genug und zurecht Bestandteil konservativer Kritik. Doch auch die Übersexualisierung ist hierbei eben eine mindestens ebenso dominante Erscheinung: Über das oft schon allzu frühe Erkunden sozialer Netzwerke wie Instagram oder YouTube wird dem Kind und spätestens dem pubertierenden Jugendlichen schon allzu früh ein übersexualisiertes Bild körperlicher Identität vermittelt, welches augenblicklich in den kindlich-jugendlichen Habitus übergeht und zum eigenen sozialen und symbolischen Kapital im Sinne Pierre Bourdieus wird (vgl. Ecarius et al. 2011: 84ff.), da man ja mit den anderen aus der eigenen Klasse oder Stufe mithalten muss. Das Resultat sind „Teenies“, die sich wie Mittzwanziger kleiden und ihrem Lebensstil nacheifern – oberflächlich, materialistisch, ohne Tiefe.

Wer einmal bewusst auf den Unterschied etwa zwischen Serien und Filmen der 60er, 70er und 80er Jahre und heutigen Produktionen achtet, der wird vor allem eines bemerken: Die Figuren sprechen heute schneller, die Abläufe sind heute drastisch beschleunigt, die Kameraführung ist hektischer und wackliger. Für viele kaum spürbare Veränderungen wie diese sind Indikatoren für die Beschleunigung der Gesellschaft, die immer schneller, immer hektischer, immer sexualisierter wird – was zu einer zunehmenden Verblödung der Rezipienten führt, deren Aufmerksamkeitsspanne drastisch sinkt. Das Kind bzw. der Jugendliche von heute ist deutlich schneller gelangweilt. ADHS-Fälle nehmen deutlich zu, Konzentrationsvermögen nimmt ab. Lesen langer Texte oder auch nur das Verfolgen längerer Dialoge – ohne konstanten Szenenwechsel, ohne überdimensionierte und übersexualisierte Körperlichkeit – sind für immer mehr jugendliche und heranwachsende Rezipienten mittlerweile große Herausforderungen. Der Mensch von morgen „wischt“ sich durch sein Leben wie über sein Smartphone – es muss schnell gehen und dabei möglichst bunt und unterhaltend sein.

Konklusion

Es ist spürbar, dass die dargelegte Diagnose weit über den Komplex der Frühsexualisierung hinausführt – eben, weil diese „nur“ eine von mehreren Komponenten innerhalb einer weitaus größeren, langfristigeren kulturellen Entwicklung innerhalb der westlichen Hemisphäre darstellt. Allerdings: Sie bildet auch innerhalb dieses Kontextes wohl eine der gravierendsten Veränderungen, da sie die kindliche Psyche letztlich nachhaltig schädigt. Dies tut sie, indem sie das sich eigentlich mit der Zeit ganz intuitiv und vorsichtig von selbst einstellende Bewusstsein für natürliche (!) zwischenmenschliche Prozesse und Gegebenheiten gezielt ausschaltet und viel zu früh ein völlig falsches Verständnis von Sexualität und Bindung aufoktroyiert, das zu dessen langfristiger gesellschaftlicher Entwertung führt. Denkt man diese Entwicklungen weiter, so steht am Ende ein vereinsamter, oberflächlicher, von seiner eigenen kollektiven und körperlichen Identität gänzlich entfremdeter Konsument, der sich selbst verloren hat und die eigentlichen Werte des Lebens nicht mehr zu erkennen imstande ist. Es muss die Pflicht aller konservativen Akteure sein, einer solchen Dystopie frühzeitig entgegenzutreten.



Literatur

Ecarius, Jutta / Köbel, Nils / Wahl, Katrin (2011). Familie, Erziehung und Sozialisation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Meyrowitz, Joshua (1990). Kindheit und Erwachsensein vermischen sich. Eine Fallstudie über den Wandel der sozialen Rollen-Übergänge. In: Ders., Die Fernseh-Gesellschaft, Bd. 1. Weinheim: Beltz.
 
Nentwig, Teresa (2016). Abschlussbericht zu dem Forschungsprojekt: Die Unterstützung pädosexueller bzw. päderastischer Interessen durch die Berliner Senatsverwaltung. Am Beispiel eines „Experiments“ von Helmut Kentler und der „Adressenliste zur schwulen, lesbischen & pädophilen Emanzipation“. Studie im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Göttinger Institut für Demokratieforschung, 11/2016. http://www.demokratie-goettingen.de/content/uploads/2016/12/Projektbericht_Kentler_Adressenliste_Online_G%C3%B6ttinger-Demokratieforschung2016-11.pdf (letzter Zugriff: 21.11.2020)

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die plötzlich Verhärmte

„Christliches“ Abendland?

Zwischen Distanzeritis und Dämonisierung