Positionspapier: Programmatisch lebendig und fit für die Kommunalwahlen

Vorschläge zur strukturellen Optimierung der AfD in OWL 

1.    Vorbereitung auf die Kommunalwahlen

1.1    Problemaufriss

Kommunalwahlen stellen für junge Parteien stets eine Herausforderung dar. Die betreffenden Wahlkämpfe wie auch die Programme müssen auf die jeweilige Kommune zugeschnitten sein; im Gegensatz zu Europa-, Bundestags- und Landtagswahlkampf kann keine Programmatik „von oben“ geliefert werden. Die Untergliederungen müssen hierfür selbst sorgen. Was erst einmal leicht dahin gesagt ist, ist selbst für etablierte Parteien oft genug ein eigener Kraftakt – und das über die finanzielle und die organisatorisch-logistische Dimension hinaus.

Ein Kommunalwahlprogramm muss erarbeitet werden, und das nicht nur lange genug im Voraus, sondern auch in einem angemessenen Umfang. Zum Vergleich: Das Kommunalwahlprogramm der FDP in Bielefeld 2009, also das einer kleinen Partei für eine mittlere Großstadt, umfasste 24 Seiten. Hier sollte die AfD mithalten können – allein schon um dem Vorwurf entgegenzutreten, sie sei eine bloße „populistische“ Partei, die nicht an Sacharbeit interessiert sei. Wir wissen: Sie hat mehr zu bieten. Das sollte sie zeigen!

Doch es ergeben sich noch weitere Herausforderungen. Denn ein Kommunalwahlprogramm muss am Ende, wenn der Entwurf auf einem Kreisparteitag verabschiedet wird, auch für die Mehrheit zustimmungswürdig sein. Ist dies nicht der Fall, so besteht das nicht unbeträchtliche Risiko, dass damit Mitglieder vergrault oder zumindest vom Partizipieren am Wahlkampf abgehalten werden. Ein Wahlprogramm, das nicht möglichst konsensorientiert erarbeitet wird, kann schnell zum Bumerang werden.

Für die AfD potenziert sich dieses Risiko nochmal dadurch, dass sie es – wie jede junge Partei – noch mit zahlreichen Politikfeldern zu tun hat, die – zumindest vor Ort – bislang „unbeackert“ geblieben bzw. bislang einfach noch nicht diskutiert worden sind. Plastischer ausgedrückt: Geht es um die Frage, ob man der Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft oder dem Bau eines Minaretts zustimmt oder dies ablehnt, wird eine AfD-Untergliederung sicherlich nicht lange diskutieren müssen. Geht es jedoch etwa darum, wie man zu Gewerbe- oder Grundsteuer-Erhöhungen steht, ob man kommunale sozialstaatliche Strukturen (z. B. städtische Leistungsverträge) eher erweitern oder eher einschränken möchte (anders gesagt: ob man eher in eine soziale oder eher in eine wirtschaftsliberale Richtung tendiert), wie man zu Bildung und Kultur steht, zu Fragen der Stadtentwicklung (wie etwa in Bielefeld die Stadtbahnerweiterung) etc., so ist ein potenziell spaltend wirkender innerparteilicher Konflikt vor Ort womöglich nicht mehr allzu weit entfernt.

1.2    Problemlösungsansatz

Die AfD in Bielefeld hat am 13.12.2017 beschlossen, einen „Arbeitskreis Kommunalpolitik“ einzurichten, um eben dieser Problematik zu begegnen. Die alte politische Weisheit „Wenn du nicht mehr weiter weißt, so gründe einen Arbeitskreis“ hat – trotz aller Polemik, mit der sie oft ausgesprochen wird – ihren wahren Kern: Spezialisierte Gremien schaffen Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten. Vertiefende Programmdiskussionen, die zuweilen sehr stark in die betreffende Materie einsteigen müssen, können nicht bei eher „lockeren“ politischen Stammtischen stattfinden.

Wichtig ist dabei auch, dass es vor Ort Leute gibt, die sich verbindlich (!) zuständig fühlen, ein Programm für die Kommunalwahl zu arbeiten. Hierfür reicht – auch wenn zahlreichere Beteiligung natürlich umso erfreulicher ist – rein theoretisch schon ein Kreis von vier Leuten aus, die sich der Aufgabe engagiert annehmen, in einem Zeitraum von einigen Monaten etwas zu erarbeiten. Entscheidend ist, dass (und dies schließt den örtlichen Vorstand als zuständiges Gremium der Programmerarbeitung aus) der Arbeitskreis jedem Mitglied offen steht und jeder eingeladen wird, sich einzubringen – so wird sich hinterher auch niemand beklagen können, nicht miteingebunden worden zu sein. Ein sehr entscheidendes Kriterium bei kommunalpolitischen Fragen, da hier die persönliche Betroffenheit oft schnell gegeben ist, wenn man sich etwa vor Augen führt, dass z. B. eine Stadtbahnerweiterung sehr schnell auch die Straße vor dem Haus eines Parteimitglieds tangieren kann. Derlei absehbaren Konflikten lässt sich durch frühzeitige Einbindung mitunter leichter aus dem Weg gehen.

Die konkrete Programmerarbeitung muss sicherlich noch nicht gleich in den nächsten Monaten geschehen: Diese sollten – jedenfalls in kommunalpolitisch unerfahreneren Untergliederungen – erst einmal dafür genutzt werden, sich mit den aktuellen und vergangenen Inhalten sowie auch mit den Abläufen (!) der Kommunal- und Lokalpolitik vertraut zu machen. Dies kann und sollte bspw. auch dadurch geschehen, dass man etwa gemeinsam als Zuschauer die öffentlichen Teile von Ratssitzungen, Bezirksvertretungssitzungen und äquivalenten Veranstaltungen in den Landkreisen besucht und sich dort mit den Inhalten, Abläufen und politischen „Fronten“ vertraut macht. In den ersten Monaten kann dann im Arbeitskreis erst einmal unverbindlich und in Form von „Brainstormings“ über Themen debattiert werden, ehe man dann zur Tat schreitet und die konkrete Programmerarbeitung in Angriff nimmt.

Der besagte Arbeitskreis kann und sollte auch darüber hinaus genutzt werden: Etwa zur Erarbeitung von kommunal- und lokalpolitischen Pressemitteilungen, mit denen man sich, falls noch nicht geschehen, auch öffentlich positionieren und profilieren kann, besonders natürlich letztlich in der heißen Wahlkampfphase. Auch, wenn bereits eine Gruppe oder Fraktion der AfD vor Ort existiert, bzw. nach einem entsprechenden Einzug in ein kommunales „Parlament“ ist ein solcher Arbeitskreis ein nützliches Gremium, um der Gruppe oder Fraktion programmatisch „zuzuarbeiten“ und ein Bindeglied zwischen ihr und der Partei zu schaffen.

Resultierend aus diesen Erwägungen soll hiermit die Empfehlung an die AfD-Untergliederungen in Ostwestfalen-Lippe erfolgen, ein solches Gremium einzurichten. Zeigen wir den Altparteien, dass die AfD auch kommunal-programmatisch eine ernstzunehmende politische Kraft ist!


2.    Programmatische Aktivitäten vor Ort dauerhaft ausbauen

2.1    Problemaufriss

Zentrale politische Gremien der AfD für ihre programmatische Arbeit sind die Landes- und Bundesfachausschüsse. An diesen lässt sich zwar partizipieren, aber damit ist auch stets die Notwendigkeit von Mobilität und ausreichenden zeitlichen Kapazitäten verbunden – die Tagungsorte liegen eben in der Regel nicht „um die Ecke“. Nun ist dies sicherlich mit Blick darauf, dass die besagten Fachausschüsse auch auf einer verhältnismäßig hohen Ebene der Partei angesiedelt und dadurch tendenziell einflussreich sind, zumutbar für jeden, der daran partizipieren möchte. Es schließt allerdings nicht aus, dass die AfD ihre programmatischen Strukturen auch „nach unten“ weiter ausbaut.

Inhaltliche Anträge können auch bei Kreis- oder Bezirksparteitagen gestellt werden – und auf diesem Wege Einfluss entfalten. Innerhalb der FDP entstammte bspw. die Positionierung gegen die Wehrpflicht ursprünglich einem Antrag, der von den Jungen Liberalen Ostwestfalen-Lippe ausging – also fast „ganz unten“ gestartet ist. Es spricht also vieles dafür, dass die Landesebene der Partei nicht die „unterste Ebene“ ihrer programmatischen Gremienarbeit sein und bleiben muss.

Dies gilt umso mehr, als dass – und hier ziehen wir die Verbindung zu Abschnitt 1 dieses Papiers – auch etwa Ratsfraktionen auf kommunaler Ebene „programmatischen Input“ brauchen. Anliegen der Parteibasis müssen an diese herangetragen werden können – auch, damit die betreffende Fraktion oder Gruppe „Bodenkontakt“ behält.

Abseits dessen steht die AfD vor noch einer ganz anderen Herausforderung, welche auch schon in Abschnitt 1.1 angedeutet wurde: Zahlreiche Politikfelder sind von ihr bislang noch nicht zur Genüge „beackert“ bzw. geklärt und entschieden. Zu Themen wie Einwanderung, Nation, Gesellschaftspolitik etc. ist sie klar positioniert – in den Feldern etwa der Außenpolitik, der Wirtschaftspolitik und der Sozialpolitik bislang nicht. Zumindest Teile der z. T. schädlichen Flügelkämpfe resultieren aus dieser bislang nicht erfolgten Klärung unserer Positionen in eben jenen Feldern. Hierbei wird deutlich, wie wichtig für die AfD der innerparteiliche Diskurs ist: Wir müssen miteinander reden – auch, damit Spaltungsversuche, von wem auch immer sie ausgehen, keinen Erfolg mehr haben. Mag es noch so abgedroschen „sozialpädagogisch“ klingen: Wer diskutiert, wer im Dialog bleibt, der wird gegenüber Spaltungsversuchen unempfindlicher.

2.2    Problemlösungsansatz

Das bereits in Abschnitt 1.2 beschriebene „Rezept“ gilt, in abgewandelter Form, auch hier: Nichts hindert die Partei in der Region oder direkt vor Ort daran, eigene Gremien der programmatischen Arbeit einzurichten, in denen diese Art des „inneren Austausches“ auch regional und vor Ort durchgeführt werden kann.

Ob man diese nun als Bezirksarbeitskreise, als Bezirksfachausschüsse etc. bezeichnet, ist hierbei sicherlich „Schall und Rauch“ – wichtiger ist: Es ist nie verkehrt, wenn es Gremien zur politischen Partizipation gibt, die über (von Natur aus exklusive) Gremien wie Vorstände und (von Natur aus wenig vertiefende und oft notgedrungen oberflächliche) Treffen wie Stammtische hinausgehen. Sie schaffen sowohl faktisch als auch „gefühlt“ politische Partizipation und stärken dadurch die Mitgliederzufriedenheit, indem sie es ermöglichen, „Spezial-Themen“, die einzelne bewegen, die aber nicht so recht an einem „Stammtisch“ passen, zu kommunizieren und sie in die politische Arbeit einfließen zu lassen.

Sei es nun in die politische Arbeit in den kommunalen „Parlamenten“ vor Ort, oder sei es dagegen über Anträge bei Kreis- oder Bezirksparteitagen, die damit die Chance erhalten, die Partei-Ebenen „hochzuwandern“ – all dies kann von programmatischen Gremien vor Ort erarbeitet werden. Hierbei muss man nicht einmal vor Fragen zurückschrecken, auch Themen bzw. Politikfelder aufzugreifen, die zunächst wenig „lokal“ wirken, wie etwa Außenpolitik, Europa, Globalisierung o. ä. Jeder politische Mensch hat hierzu etwas zu sagen und eine Meinung einzubringen – und dies sollte auch in unverbindlicherem Rahmen möglich sein als über Landes- oder gar Bundesfachausschüsse, an denen teilzunehmen wohl so manche Mitglieder nicht die Zeit und die Kapazitäten aufbringen könnten, obwohl auch sie zu derlei Themen etwas zu sagen hätten.

Hierbei könnte zunächst der Bezirk aktiv werden und mit wenigen Gremien starten, welche sich monatlich oder alle zwei Monate rotierend, an verschiedenen Orten in OWL, treffen. Verbinden ließe sich dies mit den vielfältigen Expertisen, die AfD-Mitglieder mitbringen und die ja auch jetzt schon in viele Veranstaltungen vor Ort einfließen. Es wird ein Bezirksarbeitskreis zum Thema Bildung eingerichtet? Starten wir mit einem Impulsreferat eines als Lehrer tätigen Parteifreunds etwa zum Thema Inklusion! Es gründet sich ein Bezirksarbeitskreis zu Wirtschaft und Finanzen? Leiten wir die Gründungssitzung ein mit einer Gegenüberstellung wirtschaftsliberaler versus sozialer Steuerpolitik durch einen kundigen Parteifreund. – Der Fantasie zur programmatischen Belebung der Partei vor Ort sind keine Grenzen gesetzt.

Manch einer wird nun vielleicht antworten wollen: „Aber all das tun wir doch schon – eben etwa über einzelne Veranstaltungen zu jenen Themen“. Dies soll hier nicht in Abrede gestellt werden. Dennoch gilt: Einzelne Veranstaltungen sind keine dauerhaften, strukturell in der Partei verankerten (!) Partizipationsangebote. Es gibt einen diskursiv-qualitativen Unterschied zwischen einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung einerseits, bei der ein Referent ca. 45 Minuten vorträgt und danach ca. 30 bis 45 Minuten für die Diskussion aufbringt, bei der jeder Gast einmal 2 Minuten Fragen stellen darf, und einer Arbeitskreissitzung andererseits, bei der jeder Teilnehmer alle zwei Monate wieder die Möglichkeit hat, in vertiefender, gleichberechtigter Position seine eigene Meinung einzubringen und an der konkreten Erarbeitung von Partei-Inhalten persönlich mitzuwirken. Einzelne Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen sind eben als solche noch keine partizipativen Strukturen. Diskurse – und genau die brauchen wir, um den Flügelkämpfen entgegenzutreten, uns programmatisch zu verbreitern und auch unbearbeitete Politikfelder anzugehen – brauchen Zeit, Einbindung und die Perspektive auf konkrete Ergebnisse. Genau dies bieten programmatische Strukturen vor Ort. Auch diese seien der AfD in OWL daher hiermit ans Herz gelegt!

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